Montag, 8. Juli 2013

Die Weisheit des Alters und soziale Dynamiken

Es gibt so Momente, da frage ich mich, was in manchen Leuten wohl vorgeht.
Da werden Menschen vor versammelter Mannschaft zusammengestaucht, dass es nur so knallt. Alles natürlich im Namen des Anstands und des guten Benehmens - man weiß ja, wie man sich zu verhalten hat.

WTF?!?!?!

Mal ganz abgesehen davon, dass hier unter Berufung auf die "Weisheit des Alters" jede Regel der zwischenmenschlichen Kommunikation missachtet wird - was zum Geier soll das denn eigentlich mit Anstand? Wenn mir jemand begründen kann, weshalb etwas nicht gut ist, oder wenn mir jemand mitteilt, dass er sich von einem bestimmten Benehmen gestört fühlt bin ich immer und gern bereit darüber nachzudenken. Aber bitte nicht mit den Worten "Das ist halt so" oder "So etwas tut man nicht".

Haben die Menschen, die so lapidar andere Personen wegen bestimmten Verhaltens abstempeln mal darüber nachgedacht, dass es Situationen gibt, in denen man vielleicht nicht ganz so stark an sich halten kann? Und was gibt denen überhaupt das Recht andere in dieser Form zurechtzuweisen? 

Ach stimmt, wie konnte ich das nur vergessen: Die Weisheit des Alters. Jetzt mal ganz im Ernst: wäre diese tatsächlich vorhanden, hätte man schon mitbekommen, dass derart degradierendes Verhalten alles andere als Entgegenkommen und Einsicht bewirkt. Und hier kommen wir zu den sozialen Dynamiken. Wenn ich vor versammelter Mannschaft zusammengepfiffen werde, kann der Pfeifer einen drauf lassen, dass er eine patzige Antwort bekommt - und zwar unabhängig davon, was ich gerade verbockt habe. Was soll ich denn auch anderes tun? Mich von jemandem herabwürdigen lassen und dann noch katzbuckeln??? Ich glaub es hackt!
Dann wird "argumentiert" mit Sätzen wie: "Früher wollte ich meiner Oma auch nichts glauben, aber jetzt weiß ich, dass sie recht hatte." Echt jetzt???
Naja, aber selbst wenn das in einigen Fällen so ist (im Großen und Ganzen mit Sicherheit nicht, denn die Welt ist zu komplex für ein Menschenleben), dann überlegt doch mal, ob ihr der Oma geglaubt habt. Nein? Ja warum denn nicht? Na - klingelt's? JEDER weiß es IMMER besser und irgendwie stimmt das auch; zumindest für die ganz besondere Situation. Und wenn nicht? Ja was soll's, dann haben wir eben was dazugelernt. Und zwar aus eigener Erfahrung und nicht durch das Gerede anderer.


Wollt ihr denn wirklich, dass "Junge" den "Alten" alles glauben? Mich gruselts bei dieser Vorstellung enorm! Wenn Leute irgendetwas schon seit Jahren so machen ist das kein Grund es gleich genauso zu machen. Mag ja sein, dass es so optimal ist, aber woher soll ich das denn wissen, wenn ich noch nicht einmal in Frage stellen darf? Vielleicht wird es ja auch schon seit Jahren falsch gemacht. Vielleicht werden durch die Art, wie Dinge seit Jahrem gemacht werden Ressourcen verschwendet. Und dann? Sorry Leute, aber ohne den Widerstandsgeist unorthodoxer Menschen hätten wir jetzt noch nicht einmal das Rad.

Was ich mit dem Ganzen eigentlich sagen will: Es ist manchmal gar nicht so schlecht, erstmal nachzudenken, bevor man mit seiner Weisheit herausplatzt. Wenn es darum geht, das Verhalten anderer Leute zu kritisieren, ist es manchmal gar nicht so schlecht, erstmal kurz durchzuatmen und dann, liebe Leute - vielleicht fragt ihr auch erstmal, was los ist, bevor zurechtgewiesen wird. An der Stelle lassen sich bereits viele Konflikte klären. Wenn nicht: müsst ihr wirklich sagen, dass die andere Person daneben ist oder kann es nicht auch genügen zu sagen, dass mich das bestimmte Verhalten stört oder irritiert.
Und bitte - BITTE - hört auf mit Sätzen wie "Das ist halt so", "Das war schon immer so", "Das weiß doch jeder" oder "Das macht man nicht"! Das ist weder eine Begründung, noch ein Argument. Wer zum Teufel soll da etwas begreifen?
Eine gewisse zwischenmenschliche Achtung macht die Dinge auch häufig leichter.
Auch ich bin in dieser Hinsicht ein ewiger Lehrling platze viel zu häufig mit allem heraus, bevor ich nachgedacht habe aber genau das macht die Sache ja so spannend. Und gelegentlich ist dann auch eine Entschuldigung angebracht, obwohl mich jemand anders auf die Palme gebracht hat. Einfach weil ich von der Palmenspitze auf einmal von oben herab gehandelt hab.

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