Donnerstag, 30. Mai 2013

Bedingungsloses Grundeinkommen die Zweite

Hier nun die versprochene Fortsetzung des Blogposts zum BGE. Es sind ja noch einige Punkte übrig geblieben. An vielen Stellen werden sich Übernschneidungen mit der Antwort des BGE Köln zu meinem ersten Blogpost ergeben, allerdings möchte ich mich doch noch ausführlicher mit dem Thema befassen.
Es sind mit Sicherheit keine neuen Gedanken, aber sie sind mir wichtig.

zu 5. Was soll ein Kleinkind/Baby mit diesem Geld?
Natürlich kann man sich fragen, was ein Kind mit dem Geld soll. Es wurde auch eingewandt, dass viele Menschen dann das Kinder bekommen als Methode, sich zu bereichern benutzen könnte.
Es geht an der Stelle aber nicht darum, dass das Kind dieses Geld selbst verwalten soll. Dafür wäre der Erziehungsberechtigte zuständig. Man müsste sich auch nicht mehr fragen, ob man sich ein Kind "leisten" kann. Da es ein Grundeinkommen gibt, könnte Gerichten wegen Sorgerechtsstreitigkeit viel Arbeit erspart werden. Ist doch toll oder?
Was das Thema "Bereicherung durch Kinder" angeht: ich bezweifle wirklich, dass es viele Menschen gibt, die Kinder mit ökonomischen Kapital verwechseln. Es mag sie geben, aber lassen wir die Kirche doch im Dorf und sprechen mit den Menschen, die dessen verdächtig gemacht werden! Häufig handelt es sich nämlich nicht um ökonomische Berechnung, sondern um ein mangelndes Selbstwertgefühl. Bei einigen Frauen und Männern, mit denen ich in Kontakt gekommen bin, wird versucht, das eigene Selbstbewusstsein durch die Mutter- oder Vaterrolle aufzupolieren. Funktioniert leider nicht. Das ändert sich aber nicht durch wirtschaftliche Armut. Diese Probleme werden wir nicht ökonomisch lösen können. Weder durch ein BGE noch durch dessen Verhinderung. Hier muss Bildung her! Allerdings liegt auch hier ein Missverständnis vor: Nicht nur die Personen, die hier verdächtig gemacht werden Kinder zu Kapital zu machen müssen gebildet werden, sondern auch und VOR ALLEM die Menschen, die ganzen Bevölkerungsgruppen solchen Unsinn unterstellen. Wie wär's denn mal mit ein wenig Empathie? Fragt euch doch mal, was da zwischenmenschlich los ist und was hinter brüchigen Lebensläufen steht, statt einfach zu verurteilen. Auch hier bin ich schon wieder bei einem anderen Thema gelandet.

zu 6. Würde ein solches Grundeinkommen nicht dazu führen, dass sich die meisten Menschen auf Kosten der Gesellschaft ausruhen (Stichpunkt soziale Schmarotzer)?
Ja es gibt Menschen, die nicht arbeiten wollen. Aber erstens betrifft das nun wirklich nicht die Mehrheit der Gesellschaft und zweitens sollten wir, wenn wir über ein BGE nachdenken, auch mal den Arbeitsbegriff überdenken. Menschen, die nicht arbeiten wollen, meinen damit meist nicht, dass sie keinerlei gesellschaftliche Leistung erbringen wollen. Was ist denn mit Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren? Menschen, die anderen helfen, sich wieder wertvoll zu fühlen, Personen die gesellschaftliche Arbeit in Form von Erziehung leisten, kommt zur Zeit kaum Anerkennung zu. Bei dieser Diskussion geht es häufig einfach um die sog. Erwerbstätigkeit. Was ist denn mit all der anderen Arbeit? Was ist denn mit Kunst- und Kulturschaffenden, die von ihrer Arbeit nicht leben können? Sind wir ernsthaft der Meinung, dass die es nicht verdient haben, ein abgesichertes Leben zu führen? Oder wollen wir wirklich sagen, dass solche Arbeit nichts wert ist oder gar keine Arbeit ist?
Ich bin nicht der Meinung, dass das Prinzip des Wettbewerbs überall sinnvoll ist. Besonders in Wissenschaft, Kunst und Kultur sollte es nicht die Hauptrolle spielen, wer der Beste ist und den höchsten Gewinn einfährt. Eine ökonomisch rentable Wissenschaft darf sich nicht leisten, daneben zu gehen, rentable Kunst darf sich nicht leisten kreativ zu sein und mal gegen den Strom zu schwimmen. Wenn ein solches Prinzip in allen Bereichen eingesetzt wird, führt es zu Stillstand und einer zunehmenden gesellschaftlichen Homogenisierung. Mir persönlich macht so etwas Angst! Ein BGE könnte da gegenwirken, da wieder Raum ist, zu scheitern. (Scheitern ist im Zusammenhang mit Zwang zum Wachstum auch schon wieder eine eigene Diskussion.)

zu 7. Was soll Menschen dann noch motivieren, zu arbeiten?
 Dieser Punkt knüpft genau an das zuvor gesagte an. Erst durch ein BGE werden viele Bereiche der gesellschaftlichen Arbeit wieder möglich. Ein Problem könnte sein, dass es viele Arbeiten gibt, die wirklich kaum jemand machen möchte. Gut, dann muss genau da endlich mal entsprechende Wertschätzung her! Es kann nicht sein, dass so viele unsagbar wichtige Berufe (Raumpfleger, Entsorger etc.) so unterbezahlt sind, dass es sich eigentlich nicht lohnen würde, diese Tätigkeiten zu machen. Auf welcher Logik ist das denn so? Wer ernsthaft der Meinung ist, dass diese Arbeit nichts wert ist, soll doch bitte seinen Dreck selbst wegräumen. Pardon, aber etwas anderes fällt mir zu dieser Ignoranz nicht ein.

Wenn ich diese Punkte zusammenfasse, bleiben zwar noch wichtige Fragen offen (die stichhaltigen Zahlen zum Beispiel), aber es wird für mich klar, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Gesellschaft radikal verändern und bereichern würde. Und mir persönlich macht das keine Angst, sondern es motiviert mich, genau dafür einzutreten. Eine Gesellschaft in der man sich frei entscheiden kann (echte Wahlfreiheit!) welche Gesellschaftsarbeit man ausübt, in der Raum für zwischenmenschliche Diskussionen ist und in der sich niemand wirklich wertlos fühlen muss, scheint mir ausgesprochen erstrebenswert. Natürlich muss ein allgemeiner gesellschaftlicher Wandel her um ein BGE überhaupt möglich zu machen. Die Menschen müssen zum selbstständigen Denken und Handeln erzogen werden. Dies betrifft viele Bereiche: weg vom Denunzieren, hin zum Nachfragen. Weg von der Hochleistung, hin zum Nachdenken. Weg vom Erfolgszwang, hin zur Kreativität. (um nur ein paar wenige Punkte zu nennen)
Dass ich eigentlich bei jedem Punkt bei weiteren Diskussionspunkten gelandet bin, zeigt sehr deutlich wie umfassend die Thematik wirklich ist und wie radikal sich vieles durch ein BGE verändern würde und müsste. Aber noch einmal: mir macht das nicht Angst, sondern Mut. Ich wünsche mir diese Diskussion und ich wünsche mir auch, dass allgemein mehr, lauter und klarer darüber nachgedacht, wie wir als Menschen miteinander umgehen.
Mir ist klar, dass das viele von euch kritisch sehen, aber denkt doch mal drüber nach - es könnte sich wirklich lohnen eingefahrene Strukturen zu lockern.

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